FondsGoetheanum: Kuh und Klima

Ja, ich will zur nachhaltigen Landwirtschaft beitragen

 

Zunehmend höhere Temperaturen und deren Folgen konfrontieren uns, wie z. B. die Gletscherschmelze. Die Landschaften und das Klima verändern sich. Die Herausforderungen an die landwirtschaftliche Produktion steigen. Die Ernährungssicherheit ist gefährdet. Der Weckruf des Weltagrarberichts von 2008 «Weiter wie bisher ist keine Option» kann nicht mehr überhört werden. Es braucht Politiker, Händler und Konsumenten, die gemeinsam mit den Bäuerinnen und Bauern die Ernährungspolitik gestalten. Es braucht eine andere Haltung, eine Landwirtschaft, welche die Bodenerosion verhindert und die Böden nachhaltig fruchtbar erhält. Die biodynamische Landwirtschaft baut Bodenfruchtbarkeit auf. Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Forschung für diesen Kulturimpuls.

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So sieht eine artgerechte und umweltverträgliche Kuhhaltung aus

– Bodengebunden. Der Viehbestand ist angepasst an die Kapazität des Bodens.
– Nachhaltige Kreislauf-Landwirtschaft. Transportwege werden minimiert, Futtermittelimporte fallen weg.
– Nahrungsmittelkonkurrenz vermeiden. Kein Futter verwenden, das der menschlichen Ernährung dienen kann.
– Wertschätzung. Tiere sind fühlende Wesen und gehören zum Hoforganismus, als Individuen und in ihrer ökologischen Funktion.

 

 

 

 

 

Was Konsumentinnen und Konsumenten beitragen können

– Bewusster Konsum. Verzicht ist nicht gleichbedeutend mit Verlust. Jeder verschwendete Bissen schadet dem Klima.
– Lokale Bio- und Demeter-Produktion unterstützen. Dadurch werden nachhaltige Wertschöpfungsketten und die umliegende Landschaft gefördert.
– Respekt. Sowohl vor Tieren und Pflanzen als auch vor den Produzentinnen und Produzenten unserer Nahrungsmittel.
– Achtsames Einkaufen. Jeder Kaufentscheid bestimmt mit, welche Nahrungsmittel ihren Weg ins Sortiment finden.

 

 

 

 

 

Was ist bodengebundene Viehwirtschaft?

Bodengebundene Kuhhaltung erhöht den Humusanteil und dadurch die Wasserhaltekapazität des Bodens. Der Viehbestand ist an die Kapazität des Bodens angepasst. Dies trifft sowohl auf die Milch- als auch die Fleischproduktion zu.
Einerseits hält der Landwirtschaftsbetrieb nur die Anzahl an Tieren, für die der Hof in der Lage ist, für sie das gesamte Futter auf dem eigenen Betrieb schonend zu produzieren. Andererseits ist der Viehbestand so gewählt, dass der Boden die Kapazität hat, den anfallenden Mist lokal aufzunehmen und in humusreichen Boden umzuwandeln. Auf diesem Boden wachsen in der Fruchtfolge gesunde Pflanzen wie Getreide und Gemüse und auch hochwertiges Futter.
Der Mist von Kühen, die hofeigenes Futter erhalten, ist ein hochwirksamer Biodünger. Bei richtiger Bewirtschaftung nimmt die Bodenfruchtbarkeit im Laufe der Jahre sogar stetig zu. Durch eine bodengebundene Kuhhaltung werden Boden und Landschaft aufgewertet.

 

 

 

 

 

 

Kuh und Klima – eine Frage der Haltung

Bild: BFDI

 

Das Image der Viehhaltung hat in den letzten Jahren stark gelitten. Insbesondere Rindvieh kommt dabei schlecht weg. Kühe und Rinder stossen Methan aus und benötigen viel Futter und Wasser. Kurz: Ihre Ökobilanz erscheint schlecht. Aber stimmt das? Müssen wir die Bedeutung der Kuh nicht viel umfassender betrachten?

Was zeigt sich, wenn man genauer hinschaut? Ist eine ressourcenschonende Viehhaltung nur unter hochmodernen, optimierten Stallbedingungen möglich? Oder gibt es Wege, Viehhaltung sinnvoll und nachhaltig zu betreiben? Der folgende Artikel greift diese und weitere Fragen auf – gestützt auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und langjährige praktische Erfahrungen.


Wird die Kuh zurecht als Klimakillerin verurteilt?

Rindvieh, Schafe und Ziegen zählen zu den landwirtschaftlich genutzten Wiederkäuern. Sie alle stossen das Klimagas Methan aus, sowohl beim Wiederkäuen als auch am Ende ihrer Verdauung. Verglichen mit CO2 weist Methan ein wesentlich höheres Erwärmungspotential auf.
Wenn nun Methan in die Atmosphäre gelangt, zerfällt es innert 12 bis 14 Jahren zu CO2 und Wasser. Das CO2 wiederum wird von sämtlichen Pflanzen für ihr Wachstum gebraucht, indem sie den Kohlenstoff als Baugerüst verwenden und den Sauerstoff freisetzen.

Durch die bodengebundene Kuhhaltung wird die Landschaft aufgewertet. Bild: BFDI

Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass von Wiederkäuern ausgestossenes Methan innert einiger Jahre wieder zu neuem Weideland wird. Im Folgenden wird exemplarisch auf Kühe eingegangen, die meisten Aspekte lassen sich jedoch auch auf andere Wiederkäuer anwenden.
Es ist sehr wichtig, den Ausstoss von Klimagasen zu reduzieren. Es gilt jedoch auch zu verstehen, dass aus der Kuhhaltung stammendes Methan einen Recyclingprozess durchläuft. Der im Methan enthaltene Kohlenstoff wird weder erzeugt noch verbraucht, sondern befindet sich in einem natürlichen Kreislauf. Weidetiere, Kuhmist, Böden, die Atmosphäre und das Grasland sind nur Zwischenspeicher. Bei gleichbleibenden Viehbeständen ergibt sich über die Jahre ein Nullsummenspiel, ein dynamisches Gleichgewicht.

Und was ist mit den fossilen Klimagasen?

Bei Klimagasen aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Erdöl und Erdgas ist dies nicht gegeben, denn diese stammen von urzeitlichen Pflanzen und Tieren, deren Überreste über Jahrmillionen unterirdisch abgelagert wurden. Diese Gase werden nun innert weniger Jahrzehnte in die Atmosphäre freigesetzt, wo sie lange verweilen und klimatische Veränderungen hervorrufen.


Was bedeutet bodengebundene Kuhhaltung?

Kühe stossen klimarelevante Gase aus, das ist nicht von der Hand zu weisen. Zudem brauchen sie viel Platz und Ressourcen. Blicken wir weiter als nur auf die ökologischen und finanziellen Kosten, bietet sich uns ein umfassenderes Bild. Kühe haben einen grossen ökologischen Nutzen, beispielsweise in der Landschaftspflege und Bodenaufwertung. Dieser Nutzen ist jedoch schwieriger zu erfassen, da er auch stark davon abhängt, ob die Kuhhaltung bodengebunden erfolgt.
Bodengebundene Kuhhaltung bedeutet, dass der Boden bei dieser Form der Kuhhaltung eine zentrale Rolle einnimmt: Der Landwirtschaftsbetrieb produziert einerseits das benötigte Futter für die Kuhherde selbst und der Boden vermag es, allen Kuhmist, der anfällt, aufzunehmen, umzuwandeln und daraus wieder qualitativ hochwertiges Futter lokal zu erzeugen.
Bodengebundene Kuhhaltung schliesst dabei eine artgerechte Laufstallhaltung nicht aus. Gerade im Winter finden die Kühe im Stall Schutz, Wärme und Nähe. Vielmehr geht es darum, dass der Viehbestand an die Kapazität des Bodens angepasst wird und nicht an die Kapazität des Stalls. Gesunde Böden sind lebendig und können mithilfe von Mensch und Tier dazu beitragen, ganze Landschaften aufzuwerten. Durch eine bodengebundene Kuhhaltung wird also die Landschaft nicht verbraucht, sondern aufgewertet. Dazu gehört, dass das Futter der Tiere auf dem eigenen Hof produziert wird.
Der Mist von Kühen, die hofeigenes Futter erhalten, ist ein hochwirksamer Biodünger. Ihr Weideverhalten fördert nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch das Wurzelwachstum des Grases, wodurch atmosphärischer Kohlenstoff im Boden angereichert wird. Bei richtiger Bewirtschaftung nimmt die Bodenqualität
im Laufe der Jahre sogar stetig zu.

Könnte das Weideland nicht für Ackerkulturen genutzt werden?

Landwirtschaftliche Flächen kommen in unterschiedlicher Qualität daher. Die wertvollsten und gleichzeitig seltensten lassen Gemüse und Früchteanbau zu. Weitere Flächen eignen sich für den Getreideanbau. Weltweit lässt sich jedoch mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche nicht für den Ackerbau nutzen, auch in der Schweiz. Wo der Ackerbau an seine Grenzen stösst, beispielsweise in Höhenlagen, Hanglagen oder auf besonders mageren Böden, können Tiere oft noch einen Mehrwert generieren.
Als Wiederkäuer können Kühe durch ihre mehrstufige Verdauung diese ansonsten nicht direkt nutzbaren, mit Gras bewachsenen Flächen für die menschliche Ernährung zugänglich machen und in wertvolle, reichhaltige Nahrungsmittel umwandeln. Aus einer sommerlichen Wiese entsteht unter schonender Bewirtschaftung schmackhafte Alpenmilch oder würziger Bergkäse.
Ohne die Leistung der Weidetiere, ohne die Nutzung des Graslandes müssten wir unsere gesamten Nahrungsmittel auf einer viel kleineren landwirtschaftlichen Fläche produzieren. Gleichzeitig können Kühe die Verbuschung der Weiden verhindern, Hänge stabilisieren und die Böden durch eine natürliche Düngung erhalten.

Wie kann Kuhhaltung artgerecht, ökologisch und nachhaltig sein?

Kuhhaltung ist ökologisch und nachhaltig, wenn die Kühe betriebseigenes Futter erhalten und die bestehenden Flächen schonend genutzt werden. Das lässt sich verdeutlichen mit einem Vergleich zwischen linearer Landwirtschaft und Kreislauf-Landwirtschaft. Die lineare Landwirtschaft kennt nur eine Richtung: vom Rohstoff zum fertigen Produkt. Reste aus Ernte und Verarbeitung werden oftmals als Abfälle angesehen. Nährstoffe, die mit der Ernte den Acker verlassen, werden meist durch zugekauften Dünger ersetzt. Sogar Kuhmist, eigentlich ein hervorragender Biodünger, kann störend wirken in einem hoch spezialisierten Viehbetrieb, der nicht genügend Bodenfläche hat, um den anfallenden Mist aufzunehmen und umzuwandeln.


Wieso ist die Kreislauf-Landwirtschaft entscheidend wichtig?

Anders die Kreislauf-Landwirtschaft. Ihre Grundidee ist, dass es keine Abfälle gibt. Die Natur kennt keinen Abfall. Die biologischen und biodynamischen Landwirtschaftsbetriebe leben diese Form der Landwirtschaft. Sie benötigen keine Düngerimporte. Sie verfüttern hochwertiges, betriebseigenes Heu und Gras und verzichten auf Soja aus Ländern, in denen für dessen Anbau immer noch tropische Regenwälder gerodet werden.
In der Kreislauf-Landwirtschaft werden Ernte und Verarbeitungsrückstände zu Viehfutter, Kuhmist wird zu Dünger. Das stärkt die lokale Landwirtschaft, minimiert Transportwege und schont die Umwelt. Die Verfütterung von regional erzeugtem Futter und das Ausbringen von Mist erhöhen den Humusanteil im Boden und die Wasserhaltekapazität. Diese Effekte sind besonders im Kontext klimatischer Veränderungen und Extremereignisse wie Dürren und Starkniederschläge wertvoll. Ausserdem setzt ein humusreicher Boden weniger Klimagase in die Atmosphäre frei.


Ist es aus ökologischer Sicht nicht sinnvoller, Hühner- statt Rindfleisch zu essen?

Anders als Kühe sind Hühner und Schweine keine guten Landschaftspfleger. Vor allem aber stehen sie in direkter Nahrungsmittelkonkurrenz zum Menschen. Hühner sowie Schweine haben nur einen Magen und sind auf Futter angewiesen, welches der menschlichen Ernährung dienen könnte, beispielsweise Getreide. Im Gegensatz dazu können Kühe als Wiederkäuer mit vier Mägen Heu und Gras verdauen. Ihre Produkte sind eine wichtige Ergänzung der menschlichen Ernährung. Zudem kann eine Fleischproduktion nur dann langfristig nachhaltig erfolgen, wenn die Tiere hofeigenes Futter erhalten.

Sind Kühe so schädlich wie Autos?

Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft ist es, auf klimaschonende Weise beste Nahrungsmittel zu produzieren. Zu diesem Zweck durchläuft die Viehhaltung eine Innovationswelle nach der anderen. Von automatisierten Gülleschiebern über kalorienoptimiertes Kraftfutter bis zu Lüftungssystemen, die aus modernen Industrieparks stammen könnten: Der heutige Schweizer Stall ist ein hoch technologisiertes Konstrukt.
Von aussen betrachtet kann es da schon einmal passieren, dass man vor lauter Ökobilanzen und Statistiken die einzelne Kuh aus den Augen verliert. Daraus resultiert dann zum Beispiel die folgende Gegenüberstellung: Sind Kühe so schädlich wie Autos? Dieser oft herangezogene Vergleich hinkt. Verbrennungsmotoren benötigen fossile Stoffe, die aus dem Erdinneren in die Atmosphäre gelangen und dort verweilen. Es handelt sich also um einen linearen Prozess, eine Einbahnstrasse. Auch der Strom für die zunehmende E-Mobilität stammt längst nicht immer aus erneuerbaren Quellen.
Methan aus der Kuhhaltung ist hingegen in einen natürlichen Kreislauf eingebunden, in ein dynamisches Gleichgewicht von Ausstoss und Wiederaufnahme. Darüber hinaus fördert die bodengebundene Kuhhaltung eine Harmonie zwischen Boden und Kuh. Ein gesunder Boden produziert hochwertiges Futter, welches die Kuh mithilfe ihrer komplexen Verdauung zu einem Bodenverbesserer umwandelt. So entsteht bei richtiger Bewirtschaftung nicht nur ein blosses Gleichgewicht, sondern sogar eine Positivspirale.

Kühe sind per se keine Klimakillerinnen

Mittels einer CO2-Statistik lässt sich das Wirken von Kühen nicht hinreichend erfassen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil eben jener Landschaft, die sie hervorgebracht hat und die sie fortlaufend prägen. In der Natur werden Abbauprodukte stets zur Grundlage von etwas Neuem. Das trifft auch auf die biodynamische Landwirtschaft zu, die sich als Kreislauf-Landwirtschaft versteht. Die bodengebundene Kuhhaltung nimmt dabei eine wichtige Rolle ein.
Viehbestände werden so gewählt, dass der Boden die Kapazität hat, den anfallenden Mist lokal aufzunehmen und umzuwandeln. Aus diesem Boden wächst hochwertiges Futter, Importe fallen weg. Auch das ausgestossene Methan ist Teil eines Kreislaufs. Innert weniger Jahre wird es in Form von CO2 wieder von Pflanzen aufgenommen und den Kühen zur Verfügung gestellt.
Fliessen mehrere Kreisläufe ineinander, kann daraus sogar eine Positivspirale entstehen. So tragen Kühe mit ihrem natürlichen Verhalten zu einer stetigen Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit bei und helfen, Landschaften nachhaltig aufzuwerten. Ob Kühe dem Klima schaden oder Landschaftspflegerinnen sind, wird auch von unserer Sicht- und Handlungsweise mitbestimmt. Zu Klimakillerinnen können sie höchstens werden, wenn Menschen sie als solche instrumentalisieren.

Kuh und Boden. Eine gesunde, nachhaltige und klimaneutrale Beziehung. Bild: Getty Images

 

Lukas Maschek, Sektion für Landwirtschaft